Babler und Gehbauer: Gemeinnützigkeit stärken statt bestrafen – Menschen brauchen kostengünstigen und nachhaltigen Wohnraum – SPÖ wird parlamentarischen Druck erhöhen
„Mit ihrem sogenannten ‚Mietpreisdeckel‘ trifft die Bundesregierung zielgenau die Falschen, nämlich jenen Wohnbausektor, der für Wohnen mit langfristiger Preisbindung verantwortlich ist, die Gemeinnützigen“, machte der Obmann des Vereins für Wohnbauförderung (VWBF), Michael Gehbauer, in einer gemeinsamen Pressekonferenz am Freitag mit SPÖ-Vorsitzendem Andreas Babler und Sepp Wall-Strasser, dem Bürgermeister von Gallneukirchen, klar. „Das ist nichts anderes als Show-Politik, denn damit werden die Mieten künftig jedes Jahr um die Inflationsrate erhöht, gemeinnützige Träger bestraft und künftig echte Reformen verhindert“, kritisierte Babler. Um leistbaren Wohnraum für möglichst viele Menschen zu gewährleisten, braucht es rasch Maßnahmen, damit die Gemeinnützigen ihren Versorgungsauftrag gegenüber der Bevölkerung aufrechterhalten können. Wall-Strasser präsentierte, welchen Weg Gallneukirchen geht: mit Grundstückpreisdeckel, Optionsverträgen und strengen Widmungskriterien. Die SPÖ hat angekündigt, den parlamentarischen Druck erhöhen – denn es braucht dringend Maßnahmen wie die Erhöhung der Wohnbauförderung, die Wohnbaumilliarde und die Reservierung der Neuwidmungen für den sozialen Wohnbau.
„Für viele junge Menschen, Alleinerzieher:innen, Singles und Bezieher:innen niedriger Einkommen sind Mietwohnungen am freien Markt jetzt schon kaum mehr leistbar und Wohnen im Eigentum ist für die große Mehrheit ebenfalls nicht realistisch“, so Gehbauer. Die deutlich unter Marktniveau liegenden GBV-Mietwohnungen wirken preisdämpfend auf den gesamten Wohnungsmarkt. Mit dem Mietpreisdeckel verliert – wie vom GBV-Verband ermittelt wurde – der gemeinnützige Wohnbau rund 160 Mio. Euro jährliche Investitionsmittel und das dauerhaft zusätzlich zu den gestiegenen Bodenpreisen, Zinsen und Baukosten der letzten Jahre. Diese fehlen für die Errichtung von neuen und die Sanierung älterer Wohnungen und zur Dekarbonisierung des Wohnungsbestandes.
Zuletzt hat sich die Neubauleistung stark in Richtung des freifinanzierten Wohnbaus mit ihren ungeregelten, deutlich teureren Mieten verschoben. Der geförderte Mietwohnungsbau ist in Relation dazu drastisch zurückgegangen. Massiv erschwerend kommt das stetige Absinken der Wohnbauförderung von 1,4 % in den 1980er Jahren auf aktuell 0,4% des BIP hinzu. Es braucht eine Offensive für leistbares Wohnen, die sofort angegangen werden muss. Bund, Länder und Kommunen müssen Verantwortung übernehmen und gemeinsam anpacken.
Der VWBF und die SPÖ sind sich vollkommen einig, dass mindestens 50 Prozent der Neuwidmungen von Bauflächen in Ballungsräumen für sozialen Wohnbau reserviert werden müssen. Dazu braucht es eine verfassungsrechtliche Absicherung. Auch die Erhöhung der Wohnbauförderung von 0,4 Prozent (2021: 1,9 Mrd. Euro) auf 1 Prozent des BIP – das sind zusätzlich rund 3 Milliarden Euro muss kommen. Und es braucht eine rasche Absicherung der Erhöhung im Zuge des derzeitigen Finanzausgleichs. Babler sagte den Gemeinnützigen auch seine Unterstützung beim Kampf gegen überhohe Kreditzinsen der Banken zu.
Die Offensive des VWBF für leistbares Wohnen
- Neuerrichtung von 17.500 geförderten Miet-Wohnungen pro Jahr ab 2024
- Zweckwidmung der von den Ländern eingehobenen Wohnbauförderungsbeiträge und der Darlehensrückflüsse für leistbares Wohnen. Dies ist im aktuellen Finanzausgleich festzuschreiben und verfassungsrechtlich absichern! Derzeit werden rd. 2,5 Mrd. Euro eingenommen und nur 1,9 Mrd. Euro für Wohnbauförderung ausgegeben (Quelle: IIBW & FV Steine-Keramik: „Wohnbauförderung in Österreich 2021“)
- Wohnbauförderung nur für gemeinnützige Bauvereinigungen.
Mit ihren sozial gebundenen Mietwohnungen bleiben diese für weitere Generationen dauerhaft zu leistbaren Konditionen verfügbar. Eigentumswohnungen landen nach förderrechtlicher Beschränkung überwiegend auf dem hochpreisigen Vermietungsmarkt. - Als Sofortmaßnahme braucht es eine zweckgebundene Wohnbaumilliarde aus dem Bundesbudget für Neubau von leistbarem Wohnraum! Jeder investierte Euro fließt in Form von Umsatzsteuern wieder ins Budget zurück.
- Haftungsübernahmen des Bundes für Kapitalmarktdarlehen.
- Anstelle der in der Vergangenheit gewährten Einmalzuschüsse für Energie und Klima braucht es für Menschen mit niedrigen Einkommen eine bundeseinheitliche Energiebeihilfe zusätzlich zur Wohnbeihilfe der Länder.
- Kompensation für den Einnahmenausfall aus dem Mietendeckel in der Höhe von jährlich 160 Mio. Euro. Schaffung eines Sonderfonds für ökologische Maßnahmen, z.B. für „Raus aus Öl und Gas!“
- Verfassungsrechtliche Absicherung der Vertragsraumordnung wie z.B. die „Widmungskategorie geförderter Wohnbau“ bei Neuwidmungen in Wien!
- Befristete Widmungen: Wenn keine Bebauung innerhalb von definiertem Zeitraum erfolgt, eine Rückwidmung
- Forcierte Anwendung des Bodenbeschaffungsgesetzes
- Eigeninitiative der Gemeinden zu Optionsverträgen und Preisdeckelung der Grundstücke für gemeinnützigen Wohnbau!
Gallneukirchen geht einen neuen Weg: Grundstückpreisdeckel – Optionsverträge – strenge Widmungskriterien
Was Gemeinden in ihrer Verantwortung tun können, zeigte Sepp Wall-Strasser auf, denn auch am Land sind die Menschen mit enormen Teuerungen bei Grundstückspreisen konfrontiert. In Gallneukirchen im Bezirk Urfahr-Umgebung werden am freien Markt bis zu 600 Euro pro m2 Grundstücksfläche bezahlt. Mit diesen exorbitanten Baulandpreisen ist leistbares Wohnen in Zukunft nicht mehr möglich. „Wir haben darum als Gemeinde das Heft des Handelns in die Hand genommen und mit einem Gemeinderatsbeschluss abgesichert, abgesichert, dass in Zukunft der Quadratmeter Bauland nur mehr 190 Euro kosten darf.“
Darüber hinaus muss ein Grundstück acht Kriterien erfüllen, damit der Gemeinderat es überhaupt in Bauland umwidmen kann. Zusätzlich bekommt die Gemeinde ein Vorkaufsrecht und kann Dritte benennen, die kaufen und bebauen können. Dabei wiederum sollen gemeinnützige Bauträger bevorzugt werden, wenn ihre Vorhaben in die Kategorien „Leistbares Wohnen“, „Junges Wohnen“ oder „Verdichteter Flachbau“ fallen.
Veranstaltungshinweise
Am 4.10.2023 um 9:30 Uhr wird die Ausstellung „Wohnen mit Zukunft“ in der ÖGB-Zentrale in Wien, ÖGB, Johann-Böhm-Platz, 1020 Wien, eröffnet, wo sie bis Ende November zu sehen ist. Anschließend wandert die Ausstellung durch weitere Bundesländer.
Am 5.10 2023. findet um 15:00 Uhr ein Symposium zum Thema „Teuerung. Ist Wohnen noch leistbar“ in Linz im Ars Electronica Center mit u.a. mit Julia Herr, Tanja Wehsely, den Bautensprecher:innen der Parlamentsparteien und Oliver Picek (Momentum Institut) statt.
Hier kann die Pressekonferenz vom 08.09.2023 nachgesehen werden:
Bildnachweis: vwbf und Florian Albert.