Kann LH Doskozil das bewährte Modell der österreichischen Wohnbauförderung revolutionieren?

Vor ein paar Wochen ließ Landeshauptmann Hans-Peter Doskozil mit neuen Überlegungen zur Wohnbauförderung aufhorchen. Er möchte hinkünftig den BewohnerInnen von geförderten Wohnungen sofort Wohnungseigentum anbieten und außerdem störe ihn, dass Mieter von Kaufoptionswohnungen einen viel zu hohen Preis für ihre Wohnung zahlen müssen.

Aus diesem Grund stellt er gleich das österreichische System der Wohnbauförderung in Frage, obwohl dieses von der OECD als „best practice“ in Europa qualifiziert wird und empfiehlt dem Bundesgesetzgeber das WGG (Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz) in seinem Sinne zu ändern um die den BurgenländerInnen in Aussicht gestellten Segnungen gleich allen ÖsterreicherInnen zu Teil werden zu lassen.

Es lohnt sich daher die Überlegungen des burgenländischen Landeshauptmannes einer kritischen Analyse zu unterziehen und auf ihre Systemrelevanz zu überprüfen.

Vorweg: Hätte die Stadt Wien das Modell „Doskozil“ in den letzten 100 Jahren zum Grundprinzip der Wohnungspolitik erkoren, dann gebe es jetzt nicht 220.000 Gemeindewohnungen und 200.000 geförderte Mietwohnungen, die der Bevölkerung zur Versorgung mit Wohnraum zur Verfügung stehen, sondern wohl einige Wohnungseigentümer mehr, die ihre mit Förderungsmitteln der öffentlichen Hand erworbene Wohnung, gewinnbringend zu Marktkonditionen vermieten.

So falsch in Miete zu investieren und die Mieten gesetzlich zu regeln kann es also nicht sein. Natürlich kann man der Meinung sein, dass Wohnungseigentum in der Hand von wohnbauförderungswürdigen Bürgern wünschenswert ist. Doch die Erfahrung der vergangenen Jahrzehnte zeigt, dass geförderte Eigentumswohnungen oft sehr schnell nicht mehr zur Befriedigung des eigenen Wohnbedürfnisses verwendet werden, sondern vermietet oder gewinnbringend veräußert werden. Da das Rech auf Eigentum grundsätzlich nicht beschränkbar ist, hat ein Gemeinnützige Bauvereinigung (GBV) keine Handhabe gegen derartige Praktiken. 

Hingegen sind von Gemeinnützigen oder den Kommunen verwaltete Mietwohnungen nach wie vor jener Wohnungsbestand, der für junge Menschen und sozial schwache am besten mobilisierbar ist. Das Besondere an diesen Wohnungen ist, dass sie nachdem ihre Finanzierung zurückgeführt wurde, derzeit um € 1,95 Nettomiete und € 2,22 Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag vermietet werden.

Nun zur Kritik von LH Doskozil an der Kaufpreisbildung. Das WGG sieht vor, dass der Mieter einer geförderten Mietwohnung, unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf den Erwerb der Wohnung, derzeit in der Regel nach 5 Jahren hat. Dabei ist „der Kaufpreis ausgehend vom Substanzwert unter Bedachtnahme auf den Verkehrswert zum Zeitpunkt des Angebotes unter Berücksichtigung einer sachgerechten und angemessenen Abschreibung“ und „auf der Grundlage des Verkehrswertes unter Berücksichtigung aller wertbildenden Umstände zum Zeitpunkt der Antragstellung“ § 15d WGG zu bilden. Von Gemeinnützigen verkaufte Mietwohnungen sind in der Regel jedoch wesentlich billiger als am freien Markt gehandelte gleichwertige Wohnungen. Da im Gesetz geregelt ist, dass der Verkehrswert nicht überschritten werden darf, werden die Wohnungen generell zu einem deutlich niedrigeren Wert veräußert, um nicht Gefahr zu laufen, dass der Kaufpreis wegen offensichtlicher Unangemessenheit, angefochten wird.

Allerdings führten die gestiegenen Immobilienpreise und hier wieder vor allem die Grundstückskosten zu Kaufpreissteigerungen die vom Markt und nicht von den verkaufenden Gemeinnützigen hervorgerufen werden. Hier sind nun mehrere Aspekte ins Treffen zu führen:

Die GBV kann diese unter Verwendung von öffentlichen Mitteln errichtete Wohnung nicht nach eigenem Gutdünken verkaufen. Sie hat vielmehr dafür zu sorgen, dass für eine nicht mehr zur Wohnversorgung breiterer Gesellschaftsschichten zur Verfügung stehenden Wohnung Eigenkapital erwirtschaftet wird, um in Zukunft wieder vergleichbaren Wohnraum anzubieten. 

Betriebswirtschaftlich kann argumentiert werden, dass für das Unternehmen durch den Wohnungsverkauf zukünftige Mieterträge wegfallen, und es für diesen Vermögensabfluss entschädigt werden muss. So wohnt dem österreichischen System der Wohnbauförderung auch eine Selbstfinanzierungskomponente inne, die zur Schaffung von neuem leistbarem Wohnraum führt.

Auf Grund des Vermögensbildungsprinzips des WGG ist die GBV verpflichtet, Erträge aus Wohnungsverkäufen wieder zu investieren. Diese dürfen in Folge der geltenden Gewinnbeschränkungen nicht ausgeschüttet werden und kommen so im Zuge des „Generationenvertrages“ nachfolgenden Generationen zu Gute. All dies wäre bei einer Kaufpreisermittlung anhand der Errichtungskosten nicht möglich, vor allem wenn zusätzlich noch geleistete Mietzahlungen auf den Kaufpreis angerechnet werden sollen, wie von LH Doskozil vorgeschlagen. 

Dass all dies gut funktioniert, dafür sorgt der Revisionsverband der Gemeinnützigen Bauvereinigungen eben jene Institution, der sich das Land Burgenland mit ihrer Landesimmobiliengesellschaft nicht unterwerfen will, da ja das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz abgelehnt wird. Einzige Kontrollinstanz ist somit der Landesrechnungshof, der allerdings nicht nach den Gebarungsvorschriften des WGG zu prüfen hat. Abgesehen davon sind die Prüfergebnisse des Landesrechnungshofes nicht bindend. 

Außerdem würde die Wohnungsvergabe im Burgenland durch eine eigene Gesellschaft, die im Eigentum des Landes Burgenland steht, vorgenommen werden. Um zu gewährleisten, dass wirklich jedem Interessen die gleichen Möglichkeiten zur Anmietung zustehen bedarf es einer erhöhten Transparenz. 

Selbiges gilt für die Weiterveräußerung, da bei einem Nominierungsrecht des Mieters inoffiziellen Wohnungsablösen Tür und Tor geöffnet werden würde. Der nicht kaufende Altmieter wird sich wohl die Kaufoption vom Neumieter entsprechend entlohnen lassen wollen.

Nicht nachvollziehbar ist das „Gemeinnützigen-Bashing“ von Doskozil. Die Gemeinnützigen haben in ihrer langen Geschichte in Österreich über eine 1 Million Wohnungen errichtet und bieten heute in ganz Österreich über 700.000 zur Vermietung an. Viele Länder beneiden Österreich um dieses System der Wohnbauförderung und Deutschland, wo dieses System vor über 30 Jahren abgeschafft wurde, blickt neidvoll über die Grenze und überlegt die Wiedereinführung.

Im Übrigen ist es beispiellos, dass Unternehmen, die einen sozialen Auftrag und auf Basis gesetzlicher Vorgaben agieren von einem Sozialdemokraten als „nicht mehr zeitgemäß“ bezeichnet werden.

Abschließend ist festzustellen, dass selbst die ÖVP, die sich das Wohnungseigentum auf ihre „wohnpolitischen Fahnen“ heftet, zu den Vorschlägen von LH Doskozil keinen Beifall gespendet hat.

Österreich ist auf Grund der vorhergehenden Argumentation gut beraten, sein gewachsenes und bewährtes System der Wohnbauförderung ständig weiterzuentwickeln und es, wie schon so oft in den letzten Jahren, gegen gut gemeinte Zurufe zu verteidigen beziehungsweise – wie es heute heißt – zu immunisieren.

KommR Mag. Michael Gehbauer

Obmann / Verein für Wohnbauförderung

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