5 Fragen an die Kanditat*innen für den SPÖ-Parteivorsitz

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Leistbaren Wohnraum zu schaffen ist eine der großen aktuellen Herausforderungen unserer Gesellschaft. Aus diesem Grund haben wir uns zur Orientierung unserer Mitglieder dazu entschieden, an die drei Kandidat*innen für den Bundesparteivorsitz der SPÖ fünf Fragen zum Thema „sozialer Wohnbau“ zu stellen. 

Unsere diesbezügliche Fragestellungen an Pamela Rendi-Wagner, Hans Peter Doskozil und Andreas Babler lauten:

1.   Das österreichische Wohnbausystem ist eine wesentliche Stütze unseres Wohlfahrtsstaates. Welche Bedeutung misst Du dabei dem gemeinnützigen Wohnbau bei?

2.   Österreich wird laut OECD und WIFO als „best practice Modell“ hinsichtlich der Versorgung der Bevölkerung mit leistbaren Wohnraum angesehen. Wenn es um die Zukunft der Gemeinnützigen geht: An welcher Stellschraube würdest Du im Sinne eines ausreichenden Angebotes an leistbaren Wohnungen ansetzten?

3.   Welche Maßnahmen stärken aus Deiner Sicht den gemeinnützigen Wohnbau: Investitionen in Mietwohnungen, Eigentumswohnungen oder Wohnbeihilfe? Wie willst Du für eine bedarfsgerechtes Angebot gemeinnütziger Wohnungen sorgen?

4.   Siehst Du das Wohnbauförderungsbudgets aktuell ausreichend dotiert? Wenn nein, wieviele Budgetmittel sollten zur Verfügung stehen?

5.   Wo sollte im Wohnbau der Hebel für eine sozial gerechte Klima- und Energiewende angesetzt werden?

Wir haben um Beantwortung unserer Fragen bis zum 23.4.2023 ersucht und werden die Rückmeldungen der Kanditat*innen auf unserer Homepage veröffentlichen. Wir hoffen unseren Mitgliedern damit eine Entscheidungshilfe für die SPÖ-Mitglieder*innenbefragung anbieten zu können.


Veröffentlichung der Antworten (24.4.2023)

Liebe Vereinsmitglieder, wie angekündigt erlauben wir uns nachstehend die eingelangten Antworten der Kandidat*innen bekannt zu geben.

Andreas Babler (schrieb am 17.4.2023):

1.   Das österreichische Wohnbausystem ist eine wesentliche Stütze unseres Wohlfahrtsstaates. Welche Bedeutung misst Du dabei dem gemeinnützigen Wohnbau bei?

Der gemeinnützige Wohnbau ist ein zentrales Instrument, um den Mietsektor in wesentlichen Teilen der privaten Profitwirtschaft zu entziehen. Damit wird ein wichtiger Beitrag geleistet, um das Recht auf leistbares und qualitativ hochwertiges Wohnen konkret zu verwirklichen.

Jede sechste Hauptwohnsitzwohnung in Österreich ist eine Mietwohnung eines gemeinnützigen Trägers. Diese Zahl unterstreicht auch die gesamtwirtschaftliche Stabilisierungsfunktion des gemeinnützigen Wohnbaus: Leistbarer, preisgebundener Wohnraum lässt mehr Menschen am gesellschaftlichen Wohlstand teilhaben. Auch für die Bekämpfung der Klimakrise und das Gelingen der Energiewende sind die gemeinnützigen Wohnbauträger mit rund 650.000 Mietwohnungen ein wichtiger Partner. 

In der Teuerungskrise zeigt sich gerade im privaten Mietsektor, wie verheerend es ist, wenn die öffentliche Hand im Wohnbereich nicht wirksam ordnend eingreift. Die Regulierung der privaten Mieten, der Bodenpreise und des Bodenverbrauchs muss aber Hand in Hand gehen mit der Stärkung des gemeinnützigen Wohnbaus. Die in den letzten Jahren sichtbar gewordenen Fehlentwicklungen am Wohnungsmarkt müssen und können gemeinsam korrigiert werden. 

2.   Österreich wird laut OECD und WIFO als „best practice Modell“ hinsichtlich der Versorgung der Bevölkerung mit leistbaren Wohnraum angesehen. Wenn es um die Zukunft der Gemeinnützigen geht: An welcher Stellschraube würdest Du im Sinne eines ausreichenden Angebotes an leistbaren Wohnungen ansetzen?

  1. Wir brauchen endlich eine wirksame Preisregulierung für den gesamten privaten Mietsektor, um die Preisrallye der letzten Jahre am Immobiliensektor nachhaltig zu beenden.
  1. Bodenpreise und Bodenverbrauch müssen zielgerichteter reguliert werden. Gerade in Ballungszentren wird durch exorbitante Bodenpreise der soziale Wohnbau durch unleistbare, freifinanzierte Neubauten verdrängt. Instrumente wie die in manchen Ländern bereits umgesetzten Widmungskategorien für gemeinnützigen Wohnbau müssen verstärkt und ausgebaut werden. Bessere Regulierung trägt auch zu einer Reduktion klimaschädlichen Bodenverbrauchs bei. 
  1. Sozialer Wohnbau braucht stabile, von den Finanzmärkten unabhängige Finanzierung. Das kann durch einen Mix erhöhter öffentlicher Fördermittel und einer öffentlichen Wohnbau-Investitionsbank erfolgen. Die budgetäre Zweckentfremdung der öffentlichen Wohnbauförderung in manchen Bundesländern, etwa durch den Abverkauf der Wohnbaudarlehen in Niederösterreich, hat dramatische Folgen: Mit steigendem Zinsniveau steigen auch die Nutzungsentgelte der auf den Finanzmärkten finanzierten Wohnungen gemeinnütziger Träger. Um hier gegenzusteuern, braucht es ein Sofort-Programm zur Unterstützung betroffener Mieter:innen. 
  1. Bindung an Gemeinnützigkeit ausbauen: auch gemeinnützig errichtete Eigentumswohnungen sollten dauerhaft an die Regeln der Gemeinnützigkeit gebunden bleiben, um eine Nutzung als “Anlegerwohnung” dauerhaft zu verunmöglichen. 
  1. Ich setze mich für eine Erhöhung der Fördermittel für den gemeinnützigen Wohnbau ein. Es braucht mehr gemeinnützigen, leistbaren Wohnungsneubau mit hohen Standards für Lebensqualität. Gleichzeitig bedarf es sozial- und klimapolitisch für das Gelingen der Energiewende auch hoher Investitionen in den Wohnungsbestand. 
  1. Rahmenbedingungen für qualitätsvolles Bauen sichern: Gerade die aktuellen Bodenpreise führen teilweise dazu, dass attraktive Wohnflächen in neu errichteten gemeinnützigen Anlagen frei finanziert und abverkauft werden. Das schränkt Planungsspielräume für qualitätsvolles Wohnen für alle massiv ein und sollte daher durch eine Regulierung der Bodenpreise wieder geändert werden. 

3.   Welche Maßnahmen stärken aus Deiner Sicht den gemeinnützigen Wohnbau: Investitionen in Mietwohnungen, Eigentumswohnungen oder Wohnbeihilfe? Wie willst Du für eine bedarfsgerechtes Angebot gemeinnütziger Wohnungen sorgen?

Ein größeres Angebot an leistbaren Mietwohnungen ist in meinen Augen die zentrale Aufgabe für den gemeinnützigen Sektor. Neu errichtete Wohnungen müssen dafür dauerhaft an die Gemeinnützigkeit gebunden bleiben. Öffentlich finanzierte Wohnungen abzuverkaufen und damit langfristig der Gemeinnützigkeit zu entziehen, lehne ich ab und ist mit Blick auf die Entwicklung in anderen europäischen Ländern im Widerspruch zum bewährten österreichischen System. Um zu einem bedarfsgerechten Angebot beizutragen, halte ich die bei der vorangegangenen Frage näher ausgeführten sechs Punkte für zentral: 

  1. Mietpreisregulierung zur Preisdämpfung im gesamten Immobiliensektor
  2. Nutzung ordnungspolitischer Instrumente zur Regulierung von Bodenpreisen und -verbrauch
  3. Stabile öffentliche Wohnbaufinanzierung
  4. Auch gemeinnützig errichtete Eigentumswohnungen dauerhaft an Regeln der Gemeinnützigkeit binden
  5. Erhöhung öffentlicher Fördermittel für hochqualitiativen, leistbaren Wohnraum
  6. Rahmenbedingungen für qualitätsvolles Bauen sichern 

Von diesen Maßnahmen profitieren durch die intendierte Absenkung des Preisniveaus und strengere Regulierung auch jene, die selbst bewohntes Eigentum erwerben wollen. Für diese Gruppe braucht es auch im Bankenbereich unterstützende Maßnahmen.

Wohnbeihilfen bleiben ein notwendiges Instrument zur Soforthilfe, bis Preisregulierung und Stärkung des gemeinnützigen Neubaus wirksam geworden sind. Dabei sind immer Förderinstrumente vorzuziehen, die auch strukturelle Effekte haben. 

4.   Siehst du das Wohnbauförderungsbudgets aktuell ausreichend dotiert? Wenn nein, wieviele Budgetmittel sollten zur Verfügung stehen?

Nein, um die vielfältigen Aufgaben des gemeinnützigen Wohnbausektors zu erfüllen braucht es mehr Budgetmittel für die öffentliche Wohnbauförderung. Ich schließe mich der Forderung nach einer schrittweisen Anhebung von derzeit 0,4% des BIP auf 1% des BIP an. Vor dem Hintergrund des hohen Bedarfs an leistbaren Wohnungen und von notwendigen Investitionen für das Gelingen der Klimawende muss die öffentliche Hand ihre Verantwortung für mehr Investitionen wahrnehmen.

5.   Wo sollte im Wohnbau der Hebel für eine sozial gerechte Klima- und Energiewende angesetzt werden?

Neben strenger Regulierung beim Wohnungsneubau stellt die Umrüstung bestehender Wohnungen für einen Ausstieg aus Gas und Öl eine besondere Herausforderung dar. Hier brauchen wir ein umfassendes Konzept mit einem öffentlichen Investitionsplan und begleitenden arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen. Diese Mammutaufgabe kann durch konventionelle Marktmechanismen nicht bewältigt werden, sondern erfordert öffentliche Koordination, Steuerung und Investitionen. Es braucht die notwendigen technischen Modelle, die erforderlichen Fachkräfte und Kapazitäten, solide Finanzierungen und Zeitpläne sowie eine enge Abstimmung zwischen Wohnbauträgern, Gewerkschaften, Mieter:innen- und Unternehmensvertretungen sowie der öffentlichen Hand. Allein aufgrund ihrer Größe sind die gemeinnützigen Träger ein zentraler Partner in einem solchen Gesamtkonzept: Modellprojekte zur innovativen Nachrüstung von Wärmepumpen oder lokalen Energiegemeinschaften zeigen das schon jetzt auf.


Pamela Rendi-Wagner (schrieb am 21.4.2023):

1. Das österreichische Wohnbausystem ist eine wesentliche Stütze unseres Wohlfahrtsstaates. Welche Bedeutung misst Du dabei dem gemeinnützigen Wohnbau bei? 

Gemeinnütziger Wohnbau ist von unschätzbarem Wert für unsere Gesellschaft, für gerechte Chancen und damit auch für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, gerade in Zeiten der Rekordteuerung. Er bietet allen Menschen die Möglichkeit, ein leistbares Dach über dem Kopf zu haben. Denn Wohnen darf kein Luxus sein – es ist ein Grundrecht. Wichtig ist, dass es in ganz Österreich ein gutes und ausreichendes Angebot an leistbarem Wohnbau gibt. Dafür steht die SPÖ. Das ist soziale Politik für Österreich. 

2. Österreich wird laut OECD und WIFO als „best practice Modell“ hinsichtlich der Versorgung der Bevölkerung mit leistbaren Wohnraum angesehen. Wenn es um die Zukunft der Gemeinnützigen geht: An welcher Stellschraube würdest Du im Sinne eines ausreichenden Angebotes an leistbaren Wohnungen ansetzten? 

Der gemeinnützige Wohnbau muss gestärkt werden. Ich bin für einen Vorrang des sozialen Wohnbaus in der Flächenwidmung. Bei der Neuwidmung von Grundstücken in Bauland sollte die Kommune einen Mindestanteil für den sozialen Wohnbau reservieren – nach dem Vorbild Wiens. Diese Flächen können dann zu günstigen Grundstückskosten an gemeinnützige Bauträger verkauft werden. Das schiebt Spekulationen einen Riegel vor und macht günstigen Wohnbau möglich. Die Flächenwidmung sozialer Wohnbau sollte auch verfassungsrechtlich abgesichert werden. Eine zweite wichtige Stellschraube wäre die Wiedereinführung der Wohnbauinvestitionsbank, um leistbares Wohnen langfristig abzusichern. 

3. Welche Maßnahmen stärken aus Deiner Sicht den gemeinnützigen Wohnbau: Investitionen in Mietwohnungen, Eigentumswohnungen oder Wohnbeihilfe? Wie willst Du für eine bedarfsgerechtes Angebot gemeinnütziger Wohnungen sorgen? 

Investitionen in Mietwohnungen sind zentral für die Stärkung des gemeinnützigen Wohnbaus. Die Errichtung von Eigentumswohnungen ist grundsätzlich nicht im Sinne des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG), da diese Wohnungen schlussendlich privatisiert werden und dem sozialen Wohnbau dadurch verloren gehen. Der Erwerb von leistbarem Eigentum sollte immer in Verbindung mit Eigennutzung berücksichtigt werden. Denn Spekulation mit bzw. im sozialen Wohnbau muss jedenfalls verhindert werden. Die Flächenwidmung sozialer Wohnbau und die Stärkung des WGG – zum Beispiel müssen Gesetzeslücken geschlossen werden, sodass WGG-Wohnungen nicht an Immobilieninvestoren bzw. Anleger verkauft werden dürfen – ermöglichen ein bedarfsgerechtes Angebot gemeinnütziger Wohnungen. 

4. Siehst du das Wohnbauförderungsbudgets aktuell ausreichend dotiert? Wenn nein, wieviele Budgetmittel sollten zur Verfügung stehen? 

Der Anteil der jährlichen Wohnbauförderung, die der Bund einhebt und an die Länder weitergibt, ist seit Jahren gleich und liegt bei 1,8 Mrd. Euro. Hier wäre eine Angleichung wichtig. Ein Weg, mehr Wohnungen zu errichten, solange die Nachfrage nach leistbarem Wohnraum derart hoch ist, wäre die Wiedereinführung der Zweckwidmung bei der Wohnbauförderung. 

5. Wo sollte im Wohnbau der Hebel für eine sozial gerechte Klima- und Energiewende angesetzt werden? 

Gemeinnütziger Wohnbau nimmt immer wieder eine Vorreiterrolle ein, so auch beim Klimaschutz. Wie etwa in der Biotope City Wienerberg, die ich vor zwei Jahren besuchen durfte. Dort werden neue Standards im nachhaltigen ökologischen Wohnbau gesetzt. Zum klimafitten Wohnbau gehören etwa Begrünungen oder die Niedrigenergiebauweise. 


Hans Peter Doskozil:

Von Hans Peter Doskozil sind leider bis dato keine Antworten auf die vom VWBF übermittelten Fragen eingelangt. Falls diese noch nachgereicht werden, erlauben wir uns diese noch nachträglich bekannt zu geben.

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